3. Beweise sichern – das Mobbingtagebuch:
Aus der Darstellung des typischen Mobbingfalles an der Schule wird deutlich, dass nichts so wichtig ist, wie Beweise zu sichern.
Ein bekanntes Mittel ist das „Mobbingtagebuch“, in das alle wesentlichen Mobbingsachverhalte eingetragen werden.
Das Mobbingtagebuch ist auch aus meiner Sicht wichtig, da man sich andernfalls tatsächlich rasch nicht mehr erinnern kann, was im Einzelnen passiert ist und oft bestimmen dann eher Gefühle als Fakten die Darstellung.
Allerdings muss man auch ganz offen sagen, dass ein Mobbingtagebuch Grenzen aufweist:
Es ist eben keine Beweissicherung, sondern eher eine bloße Sachverhaltssicherung. Oder anders ausgedrückt: Es mag Erinnerungen sichern und damit besser darstellbar machen, aber es ist eben kein sicheres Beweismittel, wenn die Mobber etwas anderes behaupten. Beweiswert kann das Mobbingtagebuch allenfalls insofern haben, als es aufführt, wer bei bestimmten Ereignissen zugegen war (Mitläufer, neutrale Schüler) und die Mobbingdarstellungen demnach bezeugen kann – ob er dies dann auch wirklich tut, steht auf einem anderen Blatt, wie ich ja oben ausführlich dargestellt habe…
Ein anderer Schwachpunkt besteht darin, dass das Mobbingtagebuch alles wahllos sammelt. Hier zeigt sich bald eine unübersichtliche Fülle, weil Lappalie und gravierende Ereignisse nebeneinanderstehen. Leitet man diese Informationen dann ungeordnet weiter (was häufig der Fall ist), dann wird man rasch dem Vorwurf ausgesetzt, dass das eine oder andere doch gar nicht so schlimm sei … Für jede Schule ist dies dann eine Steilvorlage ausgerechnet das Wesentliche „zu übersehen“ und das Ganze als querulatorisches Verhalten abzutun.
Ungeachtet dessen sollte man auch den Empfängerhorizont nicht überschätzen: Kaum jemand liest ernsthaft mehr als 3-4 Seiten. Wer einer Schule einen ganzen Packen Unterlagen zur Verfügung stellt, kann nicht damit rechnen, dass ein anderer dies liest - oder auch noch ordnet, wenn es als Stapel Papier abgegeben wird.
Wer also ernsthaft ein Mobbingtagebuch verwenden möchte, der muss selbst Ordnung schaffen, Unwesentliches von Wesentlichem trennen, konkret und zeitlich geordnet darstellen und vor allem auch darauf achten, wer dies bestätigen kann und auch bestätigen wird.
Hierzu ist nochmals hervorzuheben, dass ja keineswegs jeder potentielle Zeuge bereit sein wird, diese Dinge auch gegenüber der Schule zu bestätigen. Und wer als Eltern eines Mobbingopfers in der Schule Mitschüler abpasst und von diesen Beweisaussagen gegengezeichnet haben möchte, der wird mit deren Eltern massive Probleme bekommen. So etwas kann durchaus nach hinten losgehen, da nicht jede Familie so viel Zivilcourage aufbringt, ihre Kinder als Zeugen zur Verfügung zu stellen, zumal es mitunter wirklich realistisch ist, dass man auf diese Weise als „nächster“ auf die „Abschussliste“ gerät. Wer also kurzerhand in der Schule Zeugenaussagen zu sammeln versucht, der wird rasch mit dem Vorwurf konfrontiert, dass er andere Schüler einschüchtere usw.
Wenn man also Zeugen gewinnen möchte, sollte man dies über deren Eltern versuchen – zumal Schüler erfahrungsgemäß andernfalls ohnehin nur behaupten, nichts mitbekommen zu haben. Und im besten Fall lässt man sich bei dieser Gelegenheit dann alles schriftlich bestätigen, da man nie weiß, wann ein Zeuge vielleicht doch noch „umkippt“.
Eine probatere Methode ist, sich die aktuellen Kommunikationsmethoden des Internet zu Nutze zu machen: Chat über WhatsApp-Gruppen, Kommentare auf Facebook oder Instagram usw. lassen sich ohne weiteres sichern und können dann in der Schule vorgelegt werden. Dann können diese Dinge – eigentlich - nicht mehr geleugnet werden.
Es gibt allerdings in der schulischen Praxis nichts, was es nicht gibt: So habe ich einmal selbst erlebt, dass allen Ernstes die Verwendung eines auf Facebook geposteten Videos von Mitschülern „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ abgelehnt wurde. Wenn man bedenkt, dass „Fundstücke aus dem Internet“ heutzutage einen wesentlichen Teil der Grundlagen von Ordnungsmaßnahmen ausmachen, war dies schon ein starkes Stück...
Dies ist allerdings wirklich ein Einzelfall geblieben: Was im Internet gepostet, in WhatsApp-Gruppen geschrieben wird usw. sollte gesichert und der Schule vorgelegt werden. Dann sind solche Dinge wenigstens unstreitig und können die Mobber durchaus in Bedrängnis und Erklärungsnot bringen.
Aber auch hier gilt selbstverständlich: Keine 20-seitigen Protokolle ausdrucken, auf denen vielleicht mal etwas auf Seite 13 steht… Oder auch keine Protokolle, die vergleichsweise banal sind und in dem Stapel von Unterlagen dann die wirklich wichtigen Punkte untergehen lassen.
Immer alles ordnen, nur das Relevante heraussuchen und alles in einer angemessenen Größenordnung weiterleiten.